Auf Hitlers rotem Granit

Lenin watching football

DEUTSCH

Von der Höhe seines rötlichen Sockels schaut Lenin mit ernster Miene auf den verlassenen Sportplatz, der auch als Appellplatz diente. Einst marschierten hier regelmäßig hunderte von Soldaten mit adretten Uniformen und begrüßten ihren Helden mit Würde und Respekt, aber jetzt kann sich der kommunistische Revolutionär nur noch an die Bäume und Büsche wenden. Die gesamte Anlage ist ein Zeugnis der Vergessenheit, aus dem immerhin noch ein leichter Schimmer vom fernliegenden Glanz des Hauptquartiers des sowjetischen Oberkommandos in Deutschland wahrzunehmen ist.

Nice shoesDas Haus der Offiziere wurde von den sowjetischen Besatzungstruppen am Standort der ehemaligen Militärturnanstalt (1919-1933) und Heeressportschule (1933-1945) errichtet und war der kulturelle Mittelpunkt der Garnison in Wünsdorf. Es war mit einem Konzerthaus, einem Kinosaal, einer festlichen Speiseanstalt, einer Bibliothek und sogar einem kleinen Museum ausgestattet. Außerdem wurden verschiedene Sportanlagen erhalten, inklusive Freibad, Hallenbad und Sauna. Vor dem Hauptgebäude wurde die große Statue Lenins aufgestellt, ein Werk des Sowjetischen Bildhauers Wladimir Gontscharow, welches am 20. April 1970 zum 100. Geburtstag des Gründers der UdSSR festlich eingeweiht wurde. Die Figur ist über vier Meter hoch und steht auf einem Sockel aus rotem Granit. Dieses Gestein war von Adolf Hitler gelagert worden, um damit einige der wichtigsten Monumente Berlins nach Kriegsende eindrucksvoll auszubauen. Schließlich benutzten es die Sowjets, um ihre eigenen Denkmäler in Deutschland zu verzieren.

Der luxuriöse Komplex steht unter Denkmalschutz, aber es fehlt an Ideen für die zukünftige Nutzung der Räumlichkeiten. Manche hoffen, ein russischer Magnat möge hier investieren und ein Fünf-Sterne-Resort daraus machen, andere sind sich sicher, dass der Verfall nicht aufzuhalten ist. Währenddessen starrt Lenin mit seinem eisernen Blick auf den zugewachsenen Sportplatz und erinnert sich an die Paraden vergangener Zeiten. Oder vielleicht auch einfach an ein unterhaltsames Fußballspiel, das er hier vor vielen Jahren gesehen haben könnte…

ENGLISH

Standing on Hitler’s red granite

startFrom the top of his red colored pedestal the stone-faced Lenin is looking at the abandoned sports field, which was also used as a parade ground. Once upon a time, soldiers used to march here in neat uniforms and greet their hero with dignity and respect, but now the communist revolutionary can only address himself to the trees and bushes. This entire complex is a representation of oblivion, in which you can still though perceive a glint of the past glamour of the headquarter of the Soviet Army in Germany.

The Haus der Offiziere used to be a military sport center (1919-1933) and the sport school of the German army (1933-1945) until the Soviet occupation troops established here the cultural epicenter of their biggest garrison in Germany: Wünsdorf. It had a concert house, a cinema, a solemn lunchroom, a library and even a museum. They also conserved some of the sport facilities, as the swimming pools (outdoor and indoor) and a sauna. The big statue of Lenin was set just in front of the main building: it is over four meters high and stands on a pedestal of red granite. This singular stone had been stored in large amounts by Adolf Hitler, who pretended to use it after the end of the war, in order to ornament impressively some of Berlins most important monuments. Finally it were the Soviets, who used it to garnish their own memorials. This particular one was made by Vladimir Gontsharov and inaugurated on the 20. April 1970.

This luxurious complex is under official monument protection, which means it cannot be demolished, but still does not guarantee an enduring subsistence of this place. Some people hope, a Russian magnate might invest here and make a five-star resort out of it, while others are rather resigned and think the complete decay of the buildings will be impossible to stop and is just a matter of time… While there is no solution, Lenin just stands there with his iron look towards the sports field, remembering the big military reviews of the past. Or maybe just an interesting soccer match he might have seen here a few years ago…

Passage

Kaltes Wasser

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Gesternter Flur

Die Leninstatue am 25. Mai 1994. Foto: Verein „Museum Roter Stern“ (Wünsdorf)

Deutschland, Land Brandenburg,Teltow-Flaeming-Kreis, Gemeinde Wuensdorf, 25. Mai 1994 Konversionsstandort Wuensdorf Das Oberkommando der "Westgruppe der Sowjetischen Streitkraefte" ("Zapadnaya Gruppa Woisk" = SGW) nahm nach dem Sieg im II. Weltkrieg ("Grosser Vaterlaendischer Krieg") seinen Sitz auf dem bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts militaerisch genutzten Gebiete Zossen-Zehrensdorf-Wuensdorf und nannte es einheitlich "Wuensdorf". Das Gebiet um die ehemalige Heeressportschule, in der die Westgruppe ihr Haus der Offiziere und ihr Museum eingerichtet hatte, war das gesellschaftliche Zentrum der sowjetischen Garnison. Zu allen grossen Fest- und Feiertagen fanden hier Grossveranstaltungen statt, zu denen auf besondere Einladung auch Gaeste Zutritt hatten. Einer der Hoehepunkte war alljaehrlich der 9. Mai, der "Tag des Sieges". Abschlu§ der offiziellen Veranstaltung war in aller Regel ein Fussballspiel, an dem zuweilen auch eine deutsche Mannschaft teilnahm. Das Bauwerk wurde von 1914 bis 1916 als Militaerturnanstalt nach Plaenen der Bauabteilung der Koeniglichen Mišlitaerbauanstalt errichtet. Durch den 1. Weltkrieg begann seine Nutzung erst 1918. Von 1919 bis 1934 "Lehrgang fuer Leibesuebungen" und ab 1934 als "Heeressportschule". Der von der Westgruppe vor dem Gebaeude aufgestellte Lenin steht unter Denkmalschutz und wird wohl vorlaeufig auch dort seinen Platzh behaupten. © D.Steinberg

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