Das eingeritzte Leninporträt

Als Anfang der 1990er-Jahre die Sowjetarmee Ost-Deutschland verließ, blieb ein riesiges Netzwerk leer stehender Kasernen und Geisterstädte zurück. Dort sind auch heute noch Spuren, Hinterlassenschaften und einige Rätsel der Sowjets vorzufinden. Eins von diesen Rätseln ist der ungefähr einen Meter hohe, in die Wand geritzte Leninkopf in der verlassenen Anlage in Kummersdorf.

2_Lenin88Diese Kaserne war seit der Kaiserzeit ein wichtiger militärischer Komplex für Truppenübungen sowie für die Erprobung und Produktion von Militärtechnik. Auch während des Zweiten Weltkriegs wurden hier Kampfgeräte und Kriegswerkzeug entwickelt. Unter anderem sollte der Panzer „Maus“ hier getestet und hergestellt werden. Von diesem Kampfwagen versprach sich Hitler eine klare Überlegenheit auf den Schlachtfeldern, die Deutschland schließlich zum Sieg führen sollte. Die 1944 geplante Halle wurde allerdings nie fertiggestellt und ihre Grundstruktur steht heute als gigantische Ruine auf dem Gelände. Unweit dieses Skeletts der Nazi-Zeit sind mehrere Gebäude erhalten, die zu DDR-Zeiten von den sowjetischen Streitkräften genutzt wurden.

In einem Haus, das möglicherweise als Kantine diente, ist in der zweiten Etage das eingeritzte Seitenporträt Lenins zu sehen. Nach Jahrzehnten der Witterung ist es etwas verblasst, aber noch unverkennbar. Die Entstehung dieses Werks ist allerdings ein großes Fragezeichen: War es die Skizze für ein nie errichtetes Denkmal? Oder einfach die Verewigung eines loyalen Sowjetsoldaten kurz vor dem Abzug? Viele Armeeangehörige haben zum Abschied ihre Namen, Heimatorte oder einfache Bilder in Wände und Mauern geritzt. Warum nicht auch ein letztes, vielleicht sogar von Bertolt Brechts Gedicht „Die unbesiegliche Inschrift“ inspiriertes Leninporträt?

Im verwahrlosten Gebäude findet man noch weitere Zeugnisse der Sowjets: Konservendosen, Abzeichen, Zeitungen, Poster und sogar ein Adressbuch. Nach Hinweisen auf die Motive des Schöpfers dieses einzigartigen Leninkopfs sucht man allerdings vergeblich. Das Rätsel bleibt ungeklärt.

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In Kummersdorf gibt es auch noch ein sowjetisches Wandbild mit Lenin als zentraler Figur: Mehr Info und Bilder

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