Lenin im Haus der Offiziere

Im Gegensatz zu anderen Liegenschaften der Sowjetarmee, die heute als bröckelnde Ruinen verwesen, ist das Haus der Offiziere in Brandenburg an der Havel in einem perfekten Erhaltungszustand. Der Verein „Jugendkulturfabrik“ hat hier seinen Sitz und nutzt die Räumlichkeiten für Veranstaltungen. Die Geschichte des Hauses und vor allem die sowjetische Zeit werden dabei nicht vergessen, sondern bewusst hervorgehoben, sodass auch Lenin immer noch eine präsente Figur ist.

2_VerhandlungenDas teilverputzte Backsteingebäude entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Offizierskasino der neuen Kürassierkaserne und wurde später von der Wehrmacht genutzt. Nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus zog die Sowjetarmee ein und errichtete hier später ihr Haus der Offiziere in Brandenburg an der Havel. Als die Sowjets das Gebäude 1992 verließen, besetzten es die Jugendlichen vom Verein „Jugendkulturfabrik“, um Partys und Events zu organisieren. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse hatte die Besetzung eine nur sehr kurze Dauer, aber nach einer langen Verhandlung mit der Stadt und einem fünfjährigen Umbau des Gebäudes eröffnete es im Jahr 2000 als neues kulturelles Zentrum. Inzwischen hat es sich als eins der wichtigsten alternativen Kulturprojekte im Land Brandenburg etabliert.

Das Haus der Offiziere ist ein tolles Beispiel für einen würdigen und kreativen Umgang mit den Spuren und Erinnerungen der Sowjetarmee in Deutschland. Bei der neuen Gestaltung der Räumlichkeiten wurde der historische Hintergrund aktiv einbezogen. Sowohl der Name „Haus der Offiziere“ als auch viele sowjetische Hinterlassenschaften, wie Möbel, Fotos oder Skulpturen, blieben erhalten und die neu errichteten Bereiche wurden ebenfalls mit sowjetischem Flair versehen. Wie zu erwarten war, ist die Figur Lenins selbstverständlich auch vorzufinden.

Ein über zwei Meter hohes Glasbild mit dem Revolutionsführer als zentrale Figur ist aus kunsthistorischer Sicht besonders wertvoll. Es stammt aus der sowjetischen Kaserne und zeigt ein Seitenporträt Lenins inmitten eines roten Sterns, umgeben von Infrastrukturbauten, einer Weltallrakete, zwei Jugendlichen und einer Gruppe von Pionieren. Diese Konstellation symbolisiert die moderne Entwicklung der Sowjetunion und richtet den Blick in die Zukunft. Dieses einzigartige Zeitdokument hing lange an einer Wand in der örtlichen Fachhochschule. 2019 wollte sich die Leitung der Hochschule davon trennen und gab es an die Jugendkulturfabrik, wo es zurzeit gelagert ist. Demnächst soll es im Bürobereich angebracht werden.

Lenin ist auch noch in vielen anderen Formen vorzufinden: Eine kleine Büste im Büro ist eine authentische Hinterlassenschaft der Sowjetarmee, während eine etwas größere Büste in der Bar von einem Freund der Organisation auf einem Flohmarkt im Iran gekauft wurde. Sie dient als Ersatz für eine originale Skulptur der Sowjets, die 2019 während einer Party gestohlen wurde. Am Eingang zum großen Konzertsaal ist seit 2011 ein von Tobias Siebert gesprühtes Graffiti mit Lenin im DJ-Look zu sehen. Zuletzt sind auf dem Dachboden noch vier große Leninseitenporträts aus dünnem Sperrholz erhalten.

Besten Dank ans Team der Jugendkulturfabrik

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