Wandbild zu Lenins Dekret über den Boden

Die Wand blättert ab, ein Sprayer hat drüber gesprüht, die Armeeangehörigen haben es vor ihrem Abzug hinter einer Farb- oder Putzschicht versteckt, das komplette Gebäude ist eingestürzt oder wurde abgerissen. Die Wandbilder der Sowjetarmee in Deutschland haben kein einfaches Dasein und sind unzähligen Gefährdungen ausgesetzt. Dabei haben sie einen großen historischen Wert als künstlerische Darstellungen der Geschichte und Ideale der sowjetischen Streitkräfte. So ist auch der Jüterboger Lenin mit einer Zeitung in der Hand, in der eine Schlagzeile zum „Dekret über den Boden“ zu erkennen ist, ein interessantes Zeitdokument.

In und um Jüterbog, wo die Sowjetarmee zwischen 1945-1992 stationiert war, hat eine große Anzahl von ihren Denkmälern und Wandbildern heute noch Bestand, darunter auch einige mit dem sowjetischen Revolutionsführer. Im Waldgelände Forst Zinna ist noch eine Reliefwand mit Lenin erhalten, vor dem Lazarett in Jüterbog ist ein großformatiges Lenin-Plakat an einer Fassade angebracht, während er in der ehemaligen Fliegerschule auf zwei Wandbildern zu sehen ist.

LeninmitderPrawda

Eins der Bilder zeigt einen überlebensgroßen Lenin im kühnen Vorwärtsgang nur wenige Tage nach der erfolgreichen Revolution. Er hält eine Prawda-Zeitung mit der Nachricht über das „Dekret über den Boden“ hoch. Dieser von Lenin entwickelte Beschluss war der erste Gesetzgebungsakt der sowjetischen Regierung zur Verstaatlichung von Land, das zum „Allgemeingut aller, die darauf arbeiten“, erklärt wurde. Der Erlass wurde am 8. November 1917, nur zwei Tage nach der Machtübernahme herausgegeben und gehört zusammen mit dem „Dekret über den Frieden“ und dem „Dekret über die Rechte der Völker Russlands“ zu den drei sogenannten Umsturzdekreten, mit denen die neue Regierung den revolutionären Prozess vorantreiben wollte.

Dieses Bild wurde vermutlich noch zur Zeit der Sowjetarmee von Putz gedeckt und übermalt. Dieses übliche Verfahren bei veralteten oder heruntergekommenen Kunstwerken wurde auch vor der Übergabe der Kasernen an den deutschen Staat Anfang der 1990er Jahre massiv angewandt. Während die weiße Deckfarbe des oberen Drittels inzwischen fast komplett entfernt wurde, sodass Lenin wieder zum Vorschein kam, sind die unteren zwei Drittel schwer zu befreien. Der Putz und die gelbe Farbe kleben am Originalbild und lassen sich nicht leicht wegkratzen. Immerhin konnte inzwischen auch ein Teil des Oberkörpers befreit werden.

2_Lenin in J.

Das zweite Bild mit Lenin ist in einem noch schlechteren Erhaltungszustand. Die abblätternden Farbkrusten lassen gerade noch Lenins Gesicht erkennen, aber nicht viel mehr. Das Werk ist wohl historischen Figuren und Kollektiven der Sowjetunion gewidmet. Den Kampf gegen die Witterung haben sie hier schon so gut wie verloren. Mögen sie und alle anderen hochgefährdeten Relikte der Sowjetarmee wenigstens auf den Fotoaufnahmen von Urbex-Explorern weiterleben.

 

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Auch auf diesem Wandbild ist (ein nicht sehr gut skizzierter) Lenin zu sehen…
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